Komm, Seppl, jauchze mal

Der Seppl-Hosen-Mythos - ein Volkfest Theaterfest Bierfest

Es muss um das Jahr 1983 gewesen sein, als das Münchner ethnologische Museum ein komplettes tibetanisches Dorf in seinen Räumen ausstellte, das an manchen Tagen sogar von eigens eingeflogenen Tibetern "belebt" wurde, die vor dem staunenden Publikum so taten, als würden sie unbeobachtet ihren alltäglichen Verrichtungen nachgehen. Im Freundeskreis machten wir uns darüber lustig und empörten uns: Man kann doch eine andere Kultur nicht wie in einem Zoo ausstellen! Man denke nur, in einem Museum in Nairobi oder Kinshasa würde ein bayerisches Dorf aufgebaut, und in der Wirtschaft säßen echte Bayern und tränken Bier, und auf dem nachgebauten Dorfplatz würden Schuhplattler getanzt. Und damit war die Idee geboren für die installative Ausstellung "Komm, Seppl, jauchze mal!", eine Ausstellung über das Bayerische aus der Sicht von außen, aus Afrika zum Beispiel, eine Ausstellung, die wir so anpreisen würden, dass sie schon mit großem Erfolg in Nigeria und Kongo gelaufen sei - und sie nun auch in Bayern gezeigt würde, so dass man nun im Herzen Bayerns bestaunen könnte, was man in der Fremde für das Bayerische hielte.
Also schwärmten wir aus und interviewten Trachtenvereine, Volkstanzgruppen, Trachtenmoden-Designerinnen, niederbayerische Kaberettisten, Volkslied- und Volkstheatergruppen und so weiter, und befragten sie alle, was sie für das Bayerische hielten. Das Ergebnis fassten wir in einer Ausstellung zusammen - mit 10 Stationen und begleitet von drei Theateraufführungen, die am 8. und 11. Mai 1986 in den Ausstellungshallen der Lothringer Str. 13 in München Haidhausen zu sehen war - ein paar Tage nachdem einige hundert Kilometer weiter östlich der Reaktor von Tschernobyl in die Luft flog. Bei allem Humor und Akrebie der Vorbereitung (dokumentiert in einer 450-seitigen Hauptseminararbeit) hat sich im Schatten dieser Katastrophe leider kaum jemand für unsere frühe Verdienste zur Dekolonialisierung interessiert.

So jedenfalls könnte es gewesen sein ... nach meiner ersten spontanen Erinnerung, rund 40 Jahre später. Tatsächlich war es wohl etwas komplizierter. Denn wenn man in dieser erwähnten Seminararbeit nachliest, war ich wohl auf einige ähnliche Elemente in den Produktionen der "experimentellen" Theatergruppen in München und der bayerischen Volkskultur, dem Tanz, der Musik gestoßen, und hatte die Idee nachzuforschen, ob diese gleichen Elemente als signifikante Zeichen in ihren jeweiligen Kontexten Gleiches oder Unterschiedliches bedeuteten. Weil das allein nie und nimmer zu bewältigen gewesen wäre, gründete ich ein fächerübergreifendes Hauptseminar, mit den Professoren der Theaterwissenschaft, Literaturwissenschaft (Bayerische Literaturgeschichte), Linguistik, Deutsch als Fremdsprache und Volkskunde, Dr. Passow, Prof. Moser, Prof. Gerndt, Prof. Weinrich und Prof. Altmann. Außerdem kooperierten wir mit vier Münchner Theatergruppen, dem Tape-Theater (Colin Gilder), dem ProT (Alexej Sagerer), dem minimal club und dem Phren Ensemble Carmen Nagel-Berninger). Letzten Endes blieb nur die Zusammenarbeit mit einer Theatergruppe übrig, dem letztgenannten Phrenensemble - und zusammen mit der studentischen Gruppe, die wir zuerst als Seminar, dann als organisatorisches Team und Veranstalter gebildet hatten, produzierten wir ein eigenes Theaterstück mit dem Titel: "Larifaris wirre Reden über die Entstehung des Seppl-Mythos".

In den hier hochgeladenen Filmen kann man sich das "Konzepthörspiel" anhören, in welchem die Ausstellung in der Lothringer Str. 13 blumenreich beschrieben wird - und man kann den Audioaufnahmen der letzten beiden Proben des besagten Theaterstückes lauschen. Darüber hinaus habe ich noch eines der Interviews mit der Schauspielerin Rita Winhart gefunden, auf deren Grundlage ich das Theaterstück geschrieben habe. Und ein Interview mit der Modedesignerin Fr. Rainer (Fa. Lodenfrey). Eine Kollage von Statements der beteiligten Professoren und die Zuspielung einer Audio-Installation über Karl Valentin rundet das Audiomaterial ab.

Konzeption / Organisation:
Uli Aumüller
Peter Michalzik
Rita Winhart
Thomas Hirsch
Michaela Kraus
Gösta Courkamp

Beratung:
Dr. Passow
Wolfgang Anraths

Mitarbeiter:
Barbara Wetzel
Petra Jahn
Isode Wagner
Ingrid Müller
Rosi Ulrich
Mechthild Schäfer

Computer:
Doris Riedel
Christian Heipke

Schreiner:
Holger Neukirch

Helfer:
Konstantin Roetz
Gabi Heilek
Norbert Reitmeier
Dirk Ganghofer
Wolfgang Huber

Museumspädagogik:
Reinhold Maiworm

Design:
Doris Riedelsheimer

Licht:
Ralf Wapler

Kassenwart:
Helmut Platz

Ausstellungsführer:
Thiedou Cisse
Billy Bamgbola
Ferdinand Kossi Zigah

Plattllehrer:
Hr. Denner / Hr. Berwanger

Video:
Michael Strauch

Video:
Gerhard Pollok / Wofgang Defilla

Bühnenbild:
Michael Rossier

Kabarett:
Rudolf Klaffenböck

Choreographie:
Gerd Neuner / Ruth Geiersberger

Modells:
Ingrid Müller
Rainer Ludwig
Hanna Wey
Sabine Glenz

Saxophon:
Harry Singer

Trachtenmodell:
Eva Spanfelder

Maske:
Siegfried Norkauer

Cast & Crew

Regie
Uli Aumüller
Hauptdarsteller/in
Rita Winhart
Szenenbild
Holger Neukirch