Auf der Suche nach dem usbekischen Klang

Der Komponist Dima Yanov-Yanovski

Er holt mich ab von der U-Bahn-Station Kosmonautov.
Nicht nötig, habe ich gesagt. Im allgemeinen habe ich einen guten Orientierungssinn. Ich habe mein Studium als Taxifahrer verdient. Er soll mir beschreiben, wo genau er wohnt. Die Hausnummer. Das Stockwerk. Die Nummer der Wohnung. Dann werde ich es finden. Nein, hat er gesagt, in heller Aufregung - aber er war eigentlich immer aufgeregt, ohne ersichtlichen Grund, nein, hat er gesagt, es ist besser, er holt mich ab. Es ist so schwer zu finden. Es sieht alles so gleich aus. Und Nummern gibt es auch keine mehr, oder es hat sie noch nie gegeben, er kann sich garnicht an welche erinnern.
Also U-Bahnstation Kosmonautov, das ist die blaue Station, mit blauen Kacheln, und weißen Astronauten, die im Raum spazieren. In Fahrtrichtung stadtauswärts. An den Schranken ...


Nach dem großen Erdbeben - keine Seltenheit hier und Gott allein weiß, wieviele Seelen es unter sich begrub. Gott ist mächtig und gepriesen sei sein Name - nach dem großen Erdbeben haben sie alles niedergewalzt, mit Bulldozern und Sprengkommandos, haben sie die Hinterlassenschaften der letzten Jahrhunderte zu Seite gewischt, die der Naturgewalt noch standgehalten hatten. Eine willkommene Gelegenheit, die Vergangenheit, die Perle des Orients, auszulöschen, und einer Neuen Menschheit den Weg in die Zukunft --- vergessen zu machen. Das neue Taschkent ist das Ergebnis einer historischen Implosion. Wo wir sind? Wo ich herkomme? Wo geh´ ich hin...

Dima Yanov-Yanovski, damals 40 Jahre jung, russisch stämmiger Komponist im usbekischen Tashkent sucht in seiner postsowjetischen Wahlheimat nach dem spezifischen Klang - und verfolgt dabei auchl westliche wie indische und persische Einflüsse ... das Portrait von ihm ist zugleich ein Portrait der usbekischen Hauptstadt drei Jahre nach der Öffnung des eisernen Vorhangs.

Manuskript zur Sendung

Cast & Crew

Regie
Uli Aumüller
Musik
Dima Yanov-Yanovski
Redakteur/in
Dorothea Diekmann